FUNUS Stiftung

So war das 12. Symposium der FUNUS Stiftung

Wo steht die Feuerbestattung? Zwischen kulturellem Wandel und gesellschaftlicher Verantwortung

Bericht von Mike Bieder

 

Am 25. April 2024 gab es wieder das jährlich stattfindende Symposium zur Bestattungskultur, veranstaltet durch die FUNUS Stiftung im Zentrum für Endlichkeitskultur in Kabelsketal, wozu erneut namhafte Referenten eingeladen waren.

Die Begrüßung erfolgte durch den Vorstand der FUNUS Stiftung, Frank Pasic; als Moderator führte Christian von Aster – Schriftsteller, Regisseur und Drehbuchautor – poetisch und wortgewandt durch den Tag.

Den Auftakt machte Christoph Keldenich, Vorsitzender des Aeternitas e.V. zum Thema Stakeholder-Analyse. Er zeigte auf, wie die Angehörigen von Verstorbenen Einfluss auf die Bestattungsart nehmen und damit das Bestattungswesen maßgeblich mitbestimmen, so denn die Bestattungsbranche auch auf die Wünsche der Verstorbenen und ihrer Angehörigen reagiert. Somit hat sich die Feuerbestattung in den letzten 20 Jahren zur vorherrschenden Bestattungsart entwickelt und hat mit 75% die Erdbestattung eindeutig überholt. Zur Jahrtausendwende sah es im Verhältnis noch genau anders herum aus, wenn man das Ost-West- sowie das Nord-Süd-Gefälle einmal vernachlässigt. Ein entscheidender Faktor dabei ist sicherlich die Vielzahl an Möglichkeiten der Ascheverwendung (Seebestattung, Baumbestattung, etc.), welche die Gesellschaft immer wieder dazu veranlasst, sich für die Feuerbestattung zu entscheiden und das einfache Erdgrab zu meiden. Ebenso sind die geringeren Kosten, die Größe des Urnengrabes sowie die Möglichkeit einer pflegefreien Grabart bei Urnen ein wichtiger Entscheidungsträger. Erst langsam kommen die Friedhöfe mit Angeboten pflegefreier Gräber auch bei Erdbestattungen nach. Darüber hinaus haben vor allem die privaten Krematorien mit einen überaus guten Serviceangebot (24h-Service, Abholservice, Digitalisierung) und viel Öffentlichkeitsarbeit die Feuerbestattung interessanter und auch transparenter gemacht. Nicht alleine dadurch hat sich ein enormer Wandel in der Bestattungskultur ergeben. Aeternitas e.V. als sogenannte Verbraucherzentrale in Fragen der Bestattung führt regelmäßig Befragungen durch unabhängige Institute durch, um gerade auch die Bestattungswünsche einzufangen, aber auch weitere Themen zu beleuchten. Ökologie und Nachhaltigkeit sei noch kein Thema bei der Auswahl der Bestattungsart. Darüber hinaus nannte Christoph Keldenich noch Themen wie Urnentransport, die Urne für Zuhause sowie die Mensch-Tier-Bestattung. Zum Schluss riss er noch kurz einige Kritikpunkte wie bei der 2. Leichenschau oder die Sammeltransporte an. Sein Fazit war, dass durch die Vielzahl der Möglichkeiten bei der Ascheverwendung die Feuerbestattung in der Gesellschaft mehr als akzeptiert ist.

Den zweiten Teil zum Thema Stakeholder-Analyse trug Stephan Neuser vor, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Bestatter e.V. in Düsseldorf. Er stellte erst einmal vor, wer alles mit dabei ist, wenn es um Bestattungen geht, und nannte hier nicht nur die Angehörigen, Bestatter, Krematorien, Friedhöfe und religiöse Gemeinschaften, sondern auch die Kommunen und Gesetzgeber, die am Ende durch Vorgaben, Regelungen und Gesetze immer mitbestimmen. Im weiteren Verlauf ging es um Tradition und Wandel, Mythen und Fakten sowie um Perspektiven der Feuerbestattung. Auch Stephan Neuser kam zu dem Schluss, dass die Feuerbestattung in Deutschland in vielfältiger Hinsicht den Nerv der Zeit trifft.

Christian von Aster umschrieb nach dieser ersten Runde die Feuerbestattung mit vielen treffenden Attributen: gefeiert, bekämpft und verteufelt, instrumentalisiert und missbraucht, aber auch wiederentdeckt.

Im zweiten Teil des Symposiums sollte es um neue Bestattungsformen gehen. Dazu stellte Patrick Lutz, vom Krematorium am Waldfriedhof in Schwäbisch Hall das Verfahren der alkalischen Hydrolyse vor, welches er unter dem Markennamen Lavation seit einiger Zeit für Deutschland entwickelt. In anderen Ländern wird dieses Verfahren gerade in der Tierkörperbeseitigung seit vielen Jahren bereits angewandt. Dieses, für Deutschland komplett neue Verfahren ist also so aufzustellen, dass eine Einbindung in die bestehende Praxis des Bestattungswesen problemlos möglich ist. Aber auch die Sicherheit in Bezug auf Arbeitssicherheit, Umwelt und den Prozess selbst müssen gewährleistet sein. Ebenso sind die Würde des Verstorbenen, die ethische Vertretbarkeit sowie die Nachhaltigkeit wichtige Punkte bei der Entwicklung dieser möglichen, neuen Bestattungsart. Am Ende geht es auch noch um die rechtliche Zulassung. Patrick Lutz ist sehr zuversichtlich, mit der Lavation ein gutes, weiteres Angebot zu den bereits bestehenden Bestattungsarten der Erd- und Feuerbestattung machen zu können.

Eine weitere Alternative könnte die Reerdigung sein, die Pablo Metz, Geschäftsführer der Circulum Vitae GmbH, in einem emotionalen Vortrag vorstellte. Auch hier ist ein wichtiges Thema die Ökologie und Nachhaltigkeit, welche laut Pablo Metz gerade mit dem Verfahren des Human Composting im Vergleich zu den bestehenden Bestattungsarten verbessert werden könnten. Auch hier geht es in erster Linie darum, das neue Verfahren in die bestehenden Abläufe einbinden zu können. Der Transformationsprozess soll in unglaublichen 40 Tagen komplett vollzogen werden können. Dazu hat das Bundesland Schleswig-Holstein eine sogenannte Experimentierklausel gesetzlich verabschiedet, die es fortan ermöglicht, solche Pilotprojekte vorerst zeitlich begrenzt und unter wissenschaftlicher Beobachtung durchführen zu können, um im Anschluss auf diesen Grundlagen eine rechtliche Zulassung zu prüfen. Die Reerdigung will vor allem in Kooperation mit den bisherigen Trägern des Bestattungswesens das bestehende Angebot ergänzen und Menschen eine weitere Möglichkeit geben, die sich weder mit der Erdbestattung, noch mit der Feuerbestattung anfreunden können.

Nach einer ausgiebigen Mittagspause und einem reichhaltigen Büfett im angrenzenden Restaurant Das Gartenhaus folgte der dritte Teil zum Thema: Das neue Selbstverständnis deutscher Krematorien. Dr. Martin Schunk von der wetando Unternehmensberatung in Leipzig stellte dazu Modelle vor, die den Unternehmen helfen sollen, sich in den verschiedenen Bereichen wie Nachhaltigkeit, Ökologie und Ökonomie, aber auch in sozialen Bereichen rund um die Mitarbeiterbelange, zu reflektieren und sich stetig zu verbessern. Der Benefit daraus ist nicht nur mehr Effizienz, Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit. Solche Konzepte werden zukünftig auch für bestimmte Unternehmensgrößen gesetzlich und verpflichtend vorgeschrieben.

Das Krematorium als zuverlässiger Partner in Krisenzeiten beleuchtete Judith Könsgen vom Rhein-Taunus-Krematorium anhand der Corona-Pandemie, des Hochwassers im Ahrtal im Sommer 2021 sowie der Energiekrise seit Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine. Dabei spielen Prävention, die Frage nach der Vorhersehbarkeit und der Rollenverteilung der beteiligten Akteure eine wichtige Rolle. Viele praktische Beispiele sowie Berichte aus den bewältigten Krisen zeigten ein verständliches Bild dazu auf.

Den Abschluss zu der Vortragsreihe machte wie gewohnt Prof. Dr. Dr. Tage Spranger mit seinem juristischen Exkurs zu den Themen des Tages, allen voran die rechtlichen Rahmenbedingungen für neue Bestattungsformen, mit denen sich viele Bundesländer in ihrer Gesetzgebung sehr schwertun, auch wenn etliche Landesbestattungsgesetze derzeit in der Novellierung sind.

 

Rückblicke


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